Studie untersucht Preiserhöhungsschreiben von Energieanbietern

Angesichts steigender Umlagen und der Erwartung deutlich zunehmender Netzentgelte hat sich in den letzten Tagen eine erste Mediendiskussion zur Preisentwicklung zum Jahreswechsel entfacht. Ob es Preiserhöhungen in größerem Umfang geben wird, bleibt dabei im Moment unklar, da bisher noch keine Preisanpassungen angekündigt wurden. Ab Anfang November werden die Haushalte jedoch damit rechnen müssen, in ihrem Briefkasten auch Post vom Energieversorger vorzufinden. Da Preiserhöhungen den wichtigsten Kündigungsgrund darstellen, könnte man meinen, dass eine klare und transparente Kommunikation von Preisanpassungen beim Kunden für Verständnis sorgt und damit das Risiko einer Vertragskündigung minimiert.

Wie Energieversorger ihre Preiserhöhungsanschreiben tatsächlich formulieren, hat Prof. Dr. Doreen Pick von der Freien Universität Berlin gemeinsam mit Kollegen der Aarhus Universität im Rahmen einer Studie ermittelt. Dabei wurden 97 Preiserhöhungsanschreiben von bundesweit und regional agierenden Energieversorgern, die zwischen November 2012 und Februar 2013 verschickt worden waren, analysiert. Dieser Zeitraum bot sich an, da aufgrund der damals unter anderem massiv steigenden EEG-Umlage viele Versorger Erhöhungen vorgenommen hatten und außerdem eine einfache Begründung für den Preisanstieg vorlag.

Neben den konkreten Formulierungen ging es auch darum, ob die Anschreiben neben der Information über die Preisanpassung zusätzliche Passagen enthielten, um die Kunden auf die Vorteile des eigenen Stromprodukts hinzuweisen und ob die Anbieter aktiv Kundenpflege betrieben.

Versorger verschleiern Preiserhöhungen

Aus der Studie geht hervor, dass viele Versorger versuchen, die Preiserhöhung an sich oder deren Ausmaß zu verschleiern, damit diese vom Kunden gar nicht oder kaum wahrgenommen werden. Zudem meinen die Autoren, dass die Unternehmen im Rahmen der Preiskommunikation zu wenig unternehmen würden, um die Kundenbindung zu steigern.

Betreffzeile lässt teilweise keine Rückschlüsse auf Preisanpassung zu

In den 97 analysierten Anschreiben vermieden es 88,7 Prozent der Versorger, im Betreff klar auf eine Preiserhöhung hinzuweisen. Stattdessen benutzten sie Formulierungen wie „Jahresinformation“ oder „Preisveränderung“:

Wie stark die Preise stiegen, blieb ebenfalls häufig unklar. 41 Prozent der Unternehmen nannten lediglich den künftigen Preis, machten aber keine Angaben zu den aktuellen Kosten des Kunden. Wer wissen wollte, wie sich bspw. der Arbeitspreis entwickelt, musste den Vertrag oder die letzte Rechnung heranziehen, um Informationen darüber zu finden.

Prozentualer Anstieg wird kaum genannt

Wenn Angaben zum Preisanstieg gemacht wurden, dann nannten die Unternehmen überwiegend den Anstieg in Cent/kWh anstelle einer prozentualen Indikation, da die eher kleinen Centbeträge von den Kunden im Allgemeinen positiver aufgenommen werden als möglicherweise zweistellige, prozentuale Zuwächse.

Von den 24 Unternehmen, die eine Indikation zum Ausmaß des Preisanstiegs gaben, teilten 21 den Preisanstieg bezogen auf die monatlichen Kosten mit. Nur drei Unternehmen nannten die jährlichen Mehrkosten.

Gründe für den Preisanstieg werden verschleiert

Zum Jahreswechsel 2012/2013 erhöhten sich EEG-, KWK- und §19 NEV-Umlage. Zusätzlich wurde die neue Offshore-Umlage eingeführt. Insgesamt ergab dies einen Kostenanstieg von netto 2,24 Cent/kWh.

Die untersuchten Versorger erhöhten ihre Preise tatsächlich zwischen 1,5 und 5,98 Cent/kWh. Durchschnittlich ergab sich daraus ein Anstieg von 2,42 Cent/kWh, also etwas mehr als für die Weitergabe der Kosten notwendig gewesen wäre.

Da die Preiserhöhungen weitestgehend durch den Kostenanstieg verursacht wurden, gaben 69,1 Prozent der Anbieter an, dass sie keinerlei Einfluss auf den Preisanstieg hätten. Die restlichen 30,9 Prozent machten dazu keinerlei Angaben.

Während mit 81,4 Prozent die meisten Versorger mehrere Gründe für die Preisanpassung nannten, gaben 12,4 Prozent nur einen einzelnen Grund an und 6,2 Prozent machten überhaupt keine Angaben zum Grund für die Preiserhöhung.

Bemerkenswert ist, dass 78,4 Prozent der Anbieter nicht darauf hinwiesen, dass die Kosten für die gesamte Branche angestiegen seien und sich deshalb der Wechsel zu einem anderen Anbieter nicht lohne.

Kundenbindung wird vernachlässigt

Obwohl Studien zeigen würden, dass eine Preiserhöhung weniger negativ wirkt, wenn man gleichzeitig auf Aspekte wie hohe Qualität oder Verlässlichkeit hinweist, hätten nur 11,3 Prozent der untersuchten Anbieter im Rahmen der Preiserhöhung solche Argumente genannt.

Ebenso zeigten nur wenige Unternehmen, dass ihnen die Kundenbeziehung wichtig sei. Nur 27,1 Prozent der Stromanbieter nannten eine kostenlose Servicenummer und nur 11,3 Prozent warben für kostenlose Dienstleistungen wie bspw. eine Energieberatung, mit deren Hilfe ein Teil der höheren Kosten kompensiert werden könnte.

Vertrauenserweckende Aspekte wie die hohe Kundenzufriedenheit oder die Kundenzahl wurden sogar nur von 5,2 Prozent der Anbieter erwähnt. Hinweise auf andere Zufriedenheitsindikatoren fanden sich in keinem der Schreiben.

Nur 13,4 Prozent der Firmen bedankten sich für das bisherige Vertragsverhältnis und 23,7 Prozent brachten zum Ausdruck, sich eine Fortführung der Kundenbeziehung zu wünschen.

Die Marketingexperten der FU Berlin schließen aus den Ergebnissen, dass Energieversorger bei der Kundenpflege viel Potenzial ungenutzt lassen. Als Grund vermuten sie, dass den Versorgern möglicherweise die positiven Effekte von solchen Maßnahmen zur Pflege der Kundenbeziehung nicht bewusst seien.

Wir sind ebenfalls der Ansicht, dass die Kommunikation von Preiserhöhungen zu den kritischen Aspekten einer Vertragsbeziehung gehört und dieser deshalb im Hinblick auf die Kundenbindung eine besondere Bedeutung zukommt. Dabei gibt es sicherlich Fälle, in denen die Verschleierungstaktik erfolgreicher ist als eine transparente Preiskommunikation. Letztlich hängt dies jedoch davon ab, um welche Art von Kunden es sich handelt. Die Optimierung der Preis- und Kundenkommunikation erfordert zuerst eine Kundensegmentierung auf Basis aller zur Verfügung stehenden Kundendaten. Diese Daten sollten kontinuierlich gepflegt und bei Bedarf erweitert werden. Möglichkeiten bestehen durch telefonische oder schriftliche Kundenkontakte, Marktforschung, Gewinnspiele, Datenzukäufe oder künftig auch über die Analyse von Smart Meter-Daten.

Die Kundensegmentierung und eine darauf aufbauende, differenzierte Kundenkommunikation bietet zudem die Möglichkeit, Zielgruppen für neue Produkte und Dienstleistungen oder maßgeschneiderte Angebote für spezielle Kundengruppen zu identifizieren.

Die Studie ist in englischer Sprache verfügbar und kann bei KREUTZER Consulting kostenlos angefordert werden. Genre beraten Sie zu Kundenbindungs- und Kommunikationsmaßnahmen. Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme!

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