Stadtwerke als regionale Plattformanbieter - sind Portazon und Nahwerte Konzepte, die man nachahmen sollte?

Der lokale Einzelhandel leidet besonders unter der Corona-Krise, während Online-Händler, allen voran Amazon, das Geschäft ihres Lebens zu machen scheinen. Auch wenn die Läden wieder öffnen, wird das frühere Umsatzniveau vermutlich nicht zurückkehren, da die Kunden sich an die bequeme Online-Bestellung gewöhnt haben und den Händler vor Ort seltener aufsuchen.

Das Problem der lokalen Händler ist ihre Kleinteiligkeit und ihre bislang oft ausgeprägte Abneigung gegenüber dem Online-Handel. Alleine kann man den notwendigen Service und das Kundenerlebnis natürlich auch nicht bieten, um sich gegen Amazon oder Zalando durchzusetzen. Geeignete Dienstleistungsplattformen wie Amazon Marketplace gab es auf lokaler Ebene bisher nicht.

Dies ändert sich aber gerade, zum Teil unter aktiver Beteiligung von Stadtwerken und Kommunen, wie die Plattform Portazon der Stadtwerke Trier oder die Nahwerte-Seite der SWD Dormagen zeigen. Die Idee ist ganz einfach: Man schafft eine Plattform, auf der regionale Händler, Dienstleister und die Gastronomie ihre Leistungen platzieren können.

Während man in Trier auf eine App setzt, sind die Nahwerte ein reines Internet-Portal. Gemeinsam haben beide jedoch, dass sie die Angebote lokaler Händler bündeln, eine zentrale Suche über alle Leistungen bieten und im Wesentlichen auf Abholung vor Ort und Online-Versand setzen.

Am besten wäre es natürlich, wenn über die Plattform auch der Versand über lokale Lieferdienste organisiert würde, um noch am gleichen Tag ausliefern zu können und die Online-Versender bei den Lieferzeiten zu schlagen. In Augsburg gibt es mit dem Startup Boxbote bereits einen solchen Lieferdienst, der mit Lastenrädern und Rucksack-Boxen alle möglichen Dinge zum Kunden bringt. Auch nicht ausgelastete Lieferando-Fahrer oder Taxi- und Kurierdienste könnten sich nebenbei als lokale Warenlieferanten verdingen. So ließe sich auch in kleineren Orten ein Lieferservice anbieten, der die gesamte Nachfrage bündelt.

Die Idee ist besser als die politischen Konzepte

Das Konzept klingt insgesamt schlüssig und lässt sich mit vielerlei Mehrwerten wie Vorteilswelten, Kundenkarten usw. ausbauen. Vor allem würde es bei erfolgreicher Umsetzung dem Handel die verlorene Wettbewerbsfähigkeit zurückzugeben. Die von der Politik vorgeschlagene Abgabe für Online-Händler, die dann dem lokalen Handel zugutekommen soll, würde eher verhindern, dass sich lokale Händler dem Online-Geschäft zuwenden und verkennt, dass sich die Kundenerwartungen mit zunehmenden technischen Möglichkeiten drastisch verändern.

Wer soll diese Plattformen aber nun betreiben? Stadtwerke oder Kommunen müssten es nicht unbedingt sein, aber es böte sich auf jeden Fall an.

Einerseits sichern sie damit die Attraktivität des eigenen Standorts, helfen der lokalen Wirtschaft und kommen damit ihrer zentralen Aufgabe der Daseinsvorsorge nach. Zum anderen verfügen sie meist über die finanziellen Mittel, um Investitionen anzustoßen und vor allem durchzuhalten, bis sich der Marktplatz entwickelt.

Damit das Konzept aufgeht, müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Die Plattform muss umfangreiche Features bieten und ständig weiterentwickelt werden
  • Es müssen möglichst viele lokale Händler mitmachen
  • Die Anbieter auf der Plattform müssen einfache Möglichkeiten erhalten, Ihre Produkte und Services einzustellen und auch die Verfügbarkeit in Echtzeit anzugeben. Oftmals wird hierzu die Einführung eines online-basierten Warenwirtschaftssystem nötig sein, was den Händlern zusätzliche Kosten verursacht, aber früher oder später ohnehin nötig sein wird.
  • Es dürfen sich nicht zu viele konkurrierende Plattformen entwickeln. Gerade im ländlichen Raum ist es wichtig, möglichst viele Angebote zu bündeln, da die Attraktivität sonst stark leidet.

Das Konzept, die Ausgestaltungsmöglichkeiten und die Herausforderungen sind natürlich noch deutlich vielfältiger als hier beschrieben. Darüber hinaus ist der Plattformgedanke auch bei der Erbringung eigener Energiedienstleistungen etc. wichtig. Deshalb werden wir das Thema „SaaP“ Stadtwerke as a Platform im Energiemarktreport 2021 (hier vorbestellen) ausführlich behandeln. Gerne stehen wir in der Zwischenzeit für die Bewertung Ihrer Ausgangslage und Ausarbeitung einer individuellen Plattformstrategie zur Verfügung.

Nehmen Sie Kontakt auf!

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