Smart-Meter-Rollout startet in der zweiten Jahreshälfte

Eigentlich sollte der über Jahre diskutierte Smart-Meter-Rollout zum 01.01.2017 starten. Weil das Bundesamt für Informationssicherheit in der Informationstechnik (BSI) jedoch vorschreibt, dass mindestens drei von ihm zertifizierte Smart-Meter-Gateways am Markt sein müssen, wurde der Rollout erneut verschoben. Branchenkenner gehen aktuell davon aus, dass die ersten intelligenten Messsysteme (iMsys) – aktuell befinden sich acht Systeme im Zertifizierungsprozess - in der zweiten Jahreshälfte 2017 bei Kunden mit einem Jahresverbrauch von über 10.000 kWh installiert werden. Erst ab 2020 werden die Systeme auch bei Kunden mit Verbräuchen ab 6.000 kWh/Jahr verpflichtend eingebaut.

Für Verteilnetzbetreiber (VNB), die künftig ihre Grundzuständigkeit auch im intelligenten Messstellenbetrieb (iMSB) ausüben wollen, stellt die Verzögerung einen kleinen Aufschub dar. Die Zeit können sie nutzen, um sich im künftigen Wettbewerb optimal aufzustellen. Denn sie müssen sich entscheiden, ob sie die Smart-Meter-Gateway-Administration (SMGWA) künftig in Eigenregie oder über Partner erbringen wollen. Die Abgabe der Grundzuständigkeit würde hingegen bedeuten über kurz oder lang den Kontakt zum Kunden zu verlieren. Aus diesem Grund geht kaum ein Marktbeobachter davon aus, dass kurzfristig auch nur ein VNB auf seine Grundzuständigkeit verzichten wird.

VNB, die die Rolle des Gateway-Administrators (GWA) selbst übernehmen möchten, überlässt das neue Messstellenbetriebsgesetz (MsbG) die Wahl zwischen drei Varianten:

Besonders für kleine und mittlere VNB kann es sinnvoll sein, die Rolle auszulagern oder zumindest Teilleistungen über Dienstleister erbringen zu lassen. Schließlich sind die Kosten für den Aufbau und Betrieb der notwendigen Infrastruktur - unabhängig von der Anzahl der im Netz befindlichen Zählpunkte -sehr hoch.

Es geht um mehr als nur die Gateway-Administration!

Verschiedene Dienstleister haben sich inzwischen auf die Erbringung der Smart-Meter-Gateway-Administration (SMGWA) spezialisiert und bieten diese als Teil oder in Kombination mit dem intelligenten Messstellenbetrieb (iMSB) an. Bei den Anbietern handelt es sich vor allem um die Metering-Töchter der Energiekonzerne, Stadtwerke-Verbünde, unabhängige Messstellenbetreiber, aber auch um Software-Unternehmen, die mit sogenannten GWA-Tools um die Gunst der VNB buhlen.

Dabei tritt ein Aspekt zusehends in den Vordergrund - Mehrwertdienstleistungen auf Basis intelligenter Messsysteme! Beispielsweise appellierte Ralfdieter Füller, Geschäftsführer des neugegründeten Gateway-Administrators GWAdriga aus Berlin, jüngst in einer Pressemitteilung an seine potenzielle Kundengruppe, dass man bei der Entscheidung für einen Anbieter nicht nur die Gateway-Administration als solche im Auge haben sollte, sondern auch die zahlreichen datenbasierten Mehrwertleistungen, die auf Basis intelligenter Messsysteme künftig erbracht werden könnten.

Füllers Aussage entbehrt dabei nicht der Berechtigung. Schließlich stehen Energieversorger in diesem Zusammenhang gleich vor zwei Herausforderungen: einerseits müssen sie die Kosten des staatlich verordneten Smart-Meter-Rollouts wieder hereinholen, andererseits, und dieser Grund dürfte weitaus maßgeblicher sein, lassen sich auf Basis der kleinen Geräte zahlreiche Geschäftsmodelle entwickeln, mit denen die rückläufigen Umsätze im Stromvertrieb mittelfristig kompensiert werden könnten. Gelingt es, die Kunden – die aufgrund staatlicher Verordnung für die Geräte und deren Einbau bezahlen und darüber nicht nur uneingeschränkte Freude verspüren dürften - mit tatsächlichen „Mehrwerten“ zu begeistern, könnten sich auf Basis intelligenter Messsysteme ganz neue Geschäftsfelder eröffnen. Anknüpfungspunkte finden sich neben dem Angebot intelligenter Tarife etwa in den Bereichen Energiemanagement, Visualisierung, Mieterstrom, Elektromobilität, dem spartenübergreifenden Metering oder der optimierten Anlagensteuerung.

IoT-Plattformen gehört die Zukunft!

Welche Relevanz dem Thema von Anbieterseite beigemessen wird, zeigt der Zusammenschluss der beiden Servicegesellschaften Thüga MeteringService und Thüga Energieeffizienz zur Thüga SmartService GmbH. Zwar besteht die Kernaufgabe der neuen Gesellschaft auch weiterhin in der Erbringung der Smart-Meter-Gateway-Administration, doch will man „Digitalisierungs-Lösungen und energiewirtschaftliches Knowhow bündeln und weiter ausbauen“, um besser auf die Entwicklungen im Energiemarkt reagieren zu können. Auch andere Anbieter wie Bosch bieten nicht nur Smart-Meter-Gateway-Administrations Software an, sondern verfügen auch über umfangreiche Internet-of-Things-Plattformen, über die sich Schnittstellen zur Industrie 4.0, dem Smart Home oder virtuellen Kraftwerken schaffen lassen. Weitere, wie arvato Systems perdata, werben damit, dass sich über ihre Plattformen sämtliche Massendaten aus den Bereichen Energieproduktion, Energieverteilung und- verbrauch analysieren und technische Anlagen entsprechend steuern ließen. Beispielsweise könnten Wetter- in Kombination mit Smart-Meter-Daten zur optimalen Steuerung von Einspeisern verwendet werden.

Erst Ende November hatte Bruno Jacobfeuerborn, VDE-Präsident und CTO der Deutschen Telekom, auf dem VDE-Kongress „Internet der Dinge“ in Mannheim treffend bemerkt: „Die intelligente Vernetzung von Sensoren, Geräten und Maschinen sowie die anwendungsspezifische Nutzung von Betriebsmitteln ist Voraussetzung für Zukunftsprojekte wie Industrie 4.0, Smart Energy, Mobilität, Smart Home oder Gesundheit“.

Smart-Meter-Gateway als hochsicherer Kommunikationskanal

Dazu passt auch, dass das Smart-Meter-Gateway aufgrund seines sehr hohen Sicherheitsstandards, der etwa dem des Online-Bankings entspricht, in seiner Funktion als hochsicherer Kommunikationskanal - ganz unabhängig von seinem energiewirtschaftlichen Hintergrund - diskutiert wird. Beispielsweise entwickeln die Stadtwerke Uelzen laut eigener Aussage derzeit innovative Dienstleistungen auf Basis intelligenter Messsysteme, darunter in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Roten Kreuz, einen Hausnotruf für ältere Menschen, der über das Smart-Meter-Gateway kommuniziert. Auch E.ON Metering schreibt auf seiner Website, dass intelligente Messsysteme perspektivisch als Kanal für Security- oder Smart-Health-Anwendungen genutzt werden könnten. Der Hardware-Hersteller „devolo“, bewirbt sein in Zusammenarbeit mit der Software-Schmiede Kiwigrid entwickeltes Smart-Meter-Gateway als „Touching Point“ der Bereiche Smart Building, Submetering und Messstellenbetrieb. Zudem habe man bei der Entwicklung weit über den deutschen Anwendungsfall im intelligenten Messsystem hinausgedacht habe. Neben dem Pflichteinbau, den das Messstellenbetriebsgesetz (MsbG) vorsehe, gebe es noch zahlreiche weitere Einsatzmöglichkeiten für eine hochsichere Datenkommunikation.

Geschäftsmodell erfordert Wirtschaftlichkeitsprüfung

Trotz der zahlreichen Anwendungsfälle, die ein nach den Richtlinien des BSI zertifiziertes Smart-Meter-Gateway mit sich bringt, stellt sich dennoch die Frage nach dessen Berechtigung. Schließlich gibt es beispielsweise seit Langem Energiemanagementsysteme, die den Kunden ihren Energieverbrauch aufschlüsseln. Die Systeme von Anbietern wie „Smappee“ ermöglichen ihren Nutzern sogar die Analyse des Echtzeit- und Einzelgeräteverbrauchs. Zum Einsatz kommen dabei Messsysteme, die direkt am Stromkabel, bzw. am Sicherungskasten, angeschlossen werden. Ein intelligenter Zähler wird nicht benötigt. Ein anderes Beispiel betrifft virtuelle Kraftwerke, die häufig über sogenannte Energiemanagement-Boxen gesteuert werden. Die Liste an Geschäftsmodellen, die auch ohne zertifiziertes Smart-Meter-Gateway realisiert werden können, ließe sich beliebig fortsetzen.

Die Unternehmensberatung Ernst & Young (E&Y) schreckte in diesem Zusammenhang erst vor einigen Tagen die Branche mit der Meldung auf, dass es sich bei der „e*Nergy“-Fernsteuerungslösung des Berliner Mobilfunkbetreibers e*Message Wireless Information Services Deutschland GmbH um eine valide Technologie zum Aufbau von Smart Grids entsprechend den Vorgaben des Gesetzes zur Digitalisierung der Energiewende (GDEW) handle. Die Berater begründen ihre Einschätzung damit, dass es in EnWG und EEG zwar mehrere gesetzliche Vorgaben zur Frage gebe, wann Schalthandlungen zur Steuerung von Verbrauchseinrichtungen oder Erzeugungsanlagen erfolgen sollen, jedoch sei keine Vorgabe in das Gesetz aufgenommen worden, wonach der Netzbetreiber hierfür zwingend ein Smart-Meter-Gateway zu nutzen habe. Folglich könnten auch komplementäre Infrastrukturen eingesetzt werden.
Der vorliegende Einzelfall birgt „Sprengstoff“, legt er doch nahe, dass es unter Umständen - nicht nur bei der Anlagensteuerung - wirtschaftlicher sein kann, parallele auf die jeweiligen Anforderungen zugeschnittene Kommunikationsinfrastruktur einzusetzen. Klassische Smart-Meter-Gateways müssten dann hierfür erst gar nicht installiert zu werden.

KREUTZER Consulting unterstützt bei der Partnerwahl

Für welche Geschäftsmodelle sich die intelligenten Messsysteme letztendlich durchsetzen werden, bleibt abzuwarten. Fest steht, dass sich VNB und EVU nun intensiv auf den Rollout und die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle konzentrieren sollten.

Bei der Auswahl geeigneter Partner für die Smart-Meter-Gateway-Administration hilft die Studie zur Anbieter- und Leistungsübersicht von KREUTZER Consulting. Für ein unverbindliches Gespräch zu einer individuellen Lösung für Ihre SMGWA-Vorhaben stehen wir Ihnen ebenfalls gerne zur Verfügung.

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