Mögliche Erhöhung der CO2-Abgabe: Auswirkungen für Energieversorger
Nachdem die Bundesregierung im Mai eine novellierte Fassung des Klimaschutzgesetzes beschlossen hat, wird allgemein eine Verschärfung des CO2-Preises im Rahmen des Brennstoffemissionshandelsgesetzes (BEHG) erwartet. Für die Energieversorgerbranche wird das nachhaltige Auswirkungen haben.
Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem Ende April veröffentlichten Urteil zum Klimaschutzgesetz die Politik wie selten zuvor zum Handeln verpflichtet. Diese hat prompt reagiert: das Bundeskabinett hat am 12. Mai eine vom Bundesumweltministerium überarbeitete Fassung des Klimaschutzgesetzes beschlossen. Der Gesetzentwurf, der derzeit noch im Bundestag beraten wird, verschärft die bisherigen Klimaziele deutlich und legt erstmals konkrete Zielvorgaben für die Zeit nach 2030 fest – letzteres war, unter dem Gesichtspunkt der Generationengerechtigkeit, die Kernforderung des Bundesverfassungsgerichtes.
Das Gesetz gibt aber nur Ziele vor, die Maßnahmen zur Erreichung dieser Ziele sind in anderen Gesetzen, wie etwa dem EEG oder eben dem BEHG geregelt. Diverse Politiker haben bereits signalisiert, dass unter dem neuen Zielregime mit einem stärkeren Anstieg der nationalen CO2-Abgabe zu rechnen ist – bisher sollte der CO2-Preis von derzeit 25 Euro/Tonne schrittweise auf 55 Euro/Tonne im Jahr 2025 steigen. Die Grünen fordern bspw. in ihrem kürzlich veröffentlichten Wahlprogramm eine Erhöhung des CO2-Preises auf 60 Euro/Tonne bereits im Jahr 2023 – bisher sind für dieses Jahr 45 Euro/Tonne geplant. Auf einen Durchschnittshaushalt mit einem Erdgasverbrauch von 20.000 kWh heruntergerechnet, entspräche ein CO2-Preis von 60 Euro/Tonne einer Mehrbelastung von 260 Euro pro Jahr (inkl. MwSt.). Steigt der Preis in den Folgejahren noch auf 100 Euro/Tonne, wie etwa Agora Energiewende-Chef Patrick Graichen vorschlägt, muss der Musterhaushalt schon 433 Euro draufzahlen.
Was würde eine derartige Erhöhung nun für die Energieversorgerbranche bedeuten?
Gasvertrieb
Nachdem man sich gerade mit Mühe und Not auf das bestehende CO2-Preis-Regime eingestellt hatte und die erste Welle der Preiserhöhungen stattgefunden hat, könnten die Energieversorger nun vor neue Herausforderungen gestellt werden, während sich gleichzeitig neue Chancen ergeben:
- Tarife mit langer Preisgarantie wären eventuell nicht mehr kostendeckend, eine Anpassung der Preise aber bei einer vollständigen Preisgarantie ggf. nicht möglich.
- Neue Preiserhöhungen könnten zu vermehrter Kundenabwanderung führen, sodass Strategien gefragt sind, wie diese an die Kunden kommuniziert werden und welche Angebote man unterbreiten kann, um die Kunden zu halten.
- Da ein Teil der Mehreinnahmen aus der CO2-Abgabe zur Absenkung der EEG-Umlage verwendet werden würde, könnten parallel die Strompreise reduziert werden. Dieser Umstand kann eventuell bei der Kommunikation von Preiserhöhungen bei Gas genutzt werden, wobei etwa Kombi-Angebote für Strom und Gas denkbar sind.
- Eventuell kann der Kundenabwanderung auch mit dem Angebot einer kostenlosen Energieberatung entgegengewirkt werden, die wiederum mit Cross Selling-Angeboten aus dem EDL-Portfolio flankiert werden kann. Dahinter steckt natürlich die Idee, dem Kunden vor dem Hintergrund stark ansteigender Heizkosten Alternativen aufzuzeigen, und sei es „nur“ den Einbau einer neuen, effizienteren Gastherme.
- Biogas könnte, sofern es von der CO2-Abgabe befreit bleibt, als Alternativprodukt zunehmend attraktiver werden.
Elektromobilität
Steigt der CO2-Preis und fällt gleichzeitig die EEG-Umlage, macht dies strombetriebene Fahrzeuge gegenüber den Verbrennern zunehmend attraktiver. Dies käme dem Markthochlauf der Elektromobilität zugute und damit allen Energieversorgern, die in diesem Segment mit konkurrenzfähigen Angeboten präsent sind. Die verschärften Klimaziele und die voraussichtlich deutlich erhöhte CO2-Abgabe auf Diesel und Benzin könnten die derzeitige Dynamik bei der Elektromobilität nochmal verstärken und bieten Energieversorgern nicht zuletzt Anhaltspunkte für das Marketing: neben dem Klimaschutz können Kostengesichtspunkte mit Verweis auf steigende Brennstoffpreise zunehmend in den Vordergrund gerückt werden.
Energiedienstleistungen
Wie oben bereits angesprochen, würden sich durch den stärkeren, klar vorhersehbaren Preisanstieg beim Gas verbesserte Chancen im Vertrieb von Energie(effizienz)-Dienstleistungen ergeben. Der Austausch von veralteten Heizanlagen würde dringlicher und finanziell attraktiver. Die Energieversorger könnten mit Mietangeboten für Heizungscontracting punkten und dabei insbesondere auf geförderte Technologien setzen, wie bspw. die „renewable ready“ Gastherme, die um eine Solarthermieanlage ergänzt werden kann.
Schon jetzt ist zu beobachten, dass die Solarthermie seit der Einführung verbesserter Fördermöglichkeiten im letzten Jahr wieder besseren Absatz findet. Aber auch Angebote in den Bereich PV, Batteriespeicher, Wärmepumpen und Energiemanagementsysteme könnten sich bei angepasster Gesetzeslage noch besser verkaufen.
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