Kostenänderungen bei Energieverträgen
In unserem letzten Blogeintrag haben wir uns bereits mit den potenziellen Auswirkungen des Gesetzentwurfs „für faire Verbraucherverträge“ auf die künftige Gestaltung von Energieverträgen befasst. Die Implikationen für die Tarifgestaltung, den Vertrieb und Kundenbindungsmaßnahmen sind nicht zu unterschätzen. Aber auch an anderer Stelle verändern sich derzeit die Rahmenbedingungen für den Energievertrieb.
Smart Meter Rollout
Mit dem nun startenden Smart Meter Rollout sind Energieversorger mit der Frage konfrontiert, wie die Mehrkosten für intelligente Messsysteme abgerechnet werden und wie dies an die Kunden kommuniziert wird. Im Rahmen einer entsprechenden Vereinbarung mit dem grundzuständigen Messstellenbetreiber besteht die Option, die Kosten wie gehabt über den Grundpreis an den Kunden weiterzugeben. In diesem Fall ist wohl auch keine Anpassung der AGBs von Energieverträgen nötig. Wo keine solche Vereinbarung besteht, erhält der Kunde eine separate Rechnung vom Messstellenbetreiber. Darüber sollten die Kunden im Voraus informiert werden, um Verwirrung zu vermeiden. AGBs müssen ggf. angepasst werden, um versehentliche Vertragsverletzungen seitens der Versorger auszuschließen.
Bei laufenden Verträgen, bei denen die Kosten für den Ferraris-Zähler bisher im Grundpreis enthalten sind, muss dieser entsprechend abgesenkt werden, sobald der Kunden das neue Messsystem über eine separate Rechnung direkt an den Messstellenbetreiber begleicht. Wenn dies nicht geschieht, würde beim Kunden ein Sonderkündigungsrecht greifen. Nach Auffassung der Verbraucherzentrale entsteht dieses sogar unabhängig von der Preisanpassung – es sei denn, in den AGB war bereits festgeschrieben, dass die Abrechnung des Messstellenbetriebs bei modernen Messeinrichtungen bzw. intelligenten Messsystemen nicht übernommen wird.
Mit dem Smart Meter Rollout beschäftigen wir uns übrigens auch im Schwerpunktthema des diesjährigen Energiemarktreports, der im März 2020 erscheinen wird. Neben den Verpflichtungen für die Branchenteilnehmer und dem Ablauf des Rollouts gehen wir dort detailliert auf Geschäftsmodelle, Chancen und Strategien im Zusammenhang mit intelligenten Messsystemen ein.
CO2-Bepreisung
Weitere Kostenänderungen kommen auf die Energieversorger im Rahmen des Klimapakets zu. Unseren Berechnungen zufolge entstehen bspw. bei der Lieferung von 18.000 kWh Gas schon im Jahr 2021 CO2-Kosten von 90 Euro netto, d.h. beim Kunden wären brutto 107 Euro mehr zu erheben. In den Jahren danach steigen die Beträge noch deutlich an. Wollen die Energieversorger nicht auf den Mehrkosten sitzenbleiben, müssen AGBs geprüft und ggf. angepasst werden, sodass die Belastung rechtssicher an die Kunden weitergegeben werden kann. Insbesondere im Zusammenhang mit eingeschränkten Preisgarantien sollten sich die Versorger hier frühzeitig Gedanken machen. Ob es aktuell noch Sinn macht, volle Preisgarantien anzubieten, sollte ebenfalls kritisch überdacht werden. Bei bestehenden Verträgen, die bis in das Jahr 2021 reichen, muss eventuell abgewogen werden, ob man die CO2-Kosten sofort weitergibt und damit Sonderkündigungen in Kauf nimmt, oder im Interesse der Kundenbindung bis zum Ende der Erstvertragslaufzeit wartet.
Bei den sog. Ökogasprodukten und Erdgaslieferungen mit Biogasanteil ist es ratsam, frühzeitig Strategien für die künftige Vermarktung und die Produktgestaltung zu entwerfen. Die CO2-Bepreisung wird aller Wahrscheinlichkeit nach auch bei solchen Produkten greifen, zumal private Klimakompensations-Maßnahmen wohl nicht bei der zuständigen Behörde geltend gemacht werden können. Es stellt sich also die Frage, ob und wie die Kunden davon überzeugt werden können, ggf. doppelt für CO2-Ausgleichsmaßnahmen zu bezahlen bzw. ob es dann überhaupt noch einen Markt für Ökogasprodukte geben wird.
Zu den Auswirkungen der CO2-Bepreisung auf den Gasvertrieb haben wir in der Januar-Ausgabe von Energiemarkt Aktuell vertiefte Analysen angestellt.
EEG-Umlage
Parallel zur Einführung der CO2-Bepreisung soll gleichzeitig die EEG-Umlage abgesenkt werden, wodurch auch bei Stromtarifen Anpassungsbedarf entsteht. Die voraussichtlich ab 2021 wirksamen Reduzierungen gehen in ihrem Umfang deutlich über die bisher üblichen Umlage-Anpassungen der Netzbetreiber hinaus. Dieser Entwicklung müssen die Versorger bei der Preiskalkulation für künftige Stromtarife Rechnung tragen. Außerdem könnten sich bei der Kundenkommunikation Chancen ergeben, auch im Zuge der besagten Preisanpassungen bei Gas.
Insgesamt stehen Energieversorger also vor einer Reihe von regulatorischen Veränderungen, die strategische Entscheidungen und Anpassungen beim Produktportfolio erfordern. Kreutzer Consulting unterstützt Sie gerne bei einer individuellen Analyse von Risiken und Chancen sowie bei der Ausarbeitung zukunftsorientierter Strategien.