Innovatives Marketing mit Audioformaten: Streaming-Plattformen, Podcasts und Clubhouse
Wie in den meisten Branchen wird auch im Energievertrieb der erste Kundenkontaktpunkt in der Regel über Marketingaktivitäten hergestellt. Diese Aktivitäten prägen das Image, die Außenwahrnehmung, aber auch die Zielgruppenorientierung und sollten daher mit den Zielen und anderen Abteilungen des Unternehmens eng verzahnt sein. Darüber hinaus muss man im Auge behalten, welche Kanäle und Plattformen im Trend liegen, was natürlich vor allem für die Online-Kanäle gilt. Hier lohnt ein Blick auf neuere Audiomarketingformate, die als Alternative zu bzw. digitale Erweiterung klassischer Radiowerbung gelten können.
Musikstreaming-Plattformen wie Spotify, Deezer oder Amazon Music bieten sich als Werbeplattformen an, da sie von vielen Menschen deutlich mehr genutzt werden als das örtliche Radio. Die Werbung wird zwar nur bei kostenloser Nutzung der Services abgespielt, allerdings ist der dieser Nutzeranteil ziemlich hoch. Spotify sprach im Oktober 2020 von weltweit 320 Mio. aktiven Nutzern, wovon 176 Mio. bzw. 55 Prozent keine Abo-Kunden waren.
Abschied vom Gießkannenprinzip
In Bezug auf die Nutzung als Werbekanal bieten die Plattformen gegenüber dem Radio den großen Vorteil, dass Werbung ähnlich wie in den sozialen Medien personalisiert ausgespielt werden kann – ganz im Gegensatz zum berüchtigten „Gießkannenprinzip“, das in anderen Marketingkanälen wohl immer noch überwiegt. Denn Spotify & Co. sammeln Daten über die Nutzer und deren Vorlieben, die bei der Verteilung der gebuchten Werbeslots berücksichtigt werden. So kann die Audiowerbung etwa an das Alter und den Musikgeschmack der Nutzer angepasst werden.
Noch spezifischere Möglichkeiten der Personalisierung bieten Podcasts, die heute größtenteils über die großen Musikstreaming-Plattformen konsumiert werden. Der Werbetreibende kann hier nicht nur mit klassischer Audiowerbung präsent sein, sondern auch mit eigenen Podcasts oder als Sponsor von Podcast-Kanälen oder einzelnen Sendungen.
Insgesamt erfreuen sich Podcasts zunehmender Beliebtheit: Laut einer Untersuchung von Statista lag der Anteil der regelmäßigen Podcastnutzer in Deutschland Anfang 2021 bei 33 Prozent - vor vier Jahren waren es nur 14 Prozent. Auch vor dem Hintergrund dieses Trends haben einige Versorger bereits eigene Sendungen aufgelegt, während andere in Podcasts bzw. allgemein auf den Musikstreaming-Plattformen mit Audiowerbung präsent sind.
Hohe Werbeakzeptanz bei Podcast-Nutzern
Laut der „Podcast Grundlagenstudie 2020“ von iq digital, bei der Mitte letzten Jahres über 2.500 Menschen befragt wurden, akzeptieren 81 Prozent der Nutzer Werbung in Podcasts, wenn diese dadurch kostenfrei angeboten werden können. 65 Prozent gaben an, die Werbung auch wahrzunehmen. Die Studie offenbarte darüber hinaus, dass 47 Prozent der Befragungsteilnehmer im Zuge der Corona-Pandemie häufiger Podcasts hörten.
Beim Nutzerkreis gibt es laut Statista große Unterschiede bei Alter und Bildung im Vergleich zu anderen sozialen Medien. So stellt der Nutzerkreis bis 20 Jahre nur 8 Prozent der Podcast Nutzer dar. 46 Prozent sind zwischen 21 und 30 Jahre und 32 Prozent zwischen 31 und 40 Jahre alt. Ebenfalls spannend ist, dass Podcasts zu 57 Prozent von Nutzern mit akademischem Abschluss gehört werden. Diese Zielgruppe kann also mit Podcasts besonders gut erreicht werden.
Spannend für Versorger werden Podcasts dadurch, dass laut einer Studie von splendid research 41 Prozent der Nutzer durch Podcasts bzw. dort platzierte Audiowerbung zum Ausprobieren neuer Produkte angeregt worden sind.
Zwar überspringen viele Podcast-Nutzer zwischengeschaltete Audiowerbung, wie Nutzer-Befragungen durch Simon-Kucher & Partners 2019 zeigten, allerdings hörten sich immerhin 39 Prozent der Befragten die Werbespots an, ließen also den Podcast weiterlaufen. Andere Werbeoptionen sind demnach jedoch beliebter. So gibt es eine relativ hohe Akzeptanz für das „Native Advertising“, bei dem das beworbene Produkt in den Vortrag des Moderators/Podcastsprechers einfließt. Auch das Sponsoring von Podcasts- oder Podcastreihen bevorzugen Hörer gegenüber Audiospots.
Dies machen sich einige Versorger bereits zunutze. Die EWE startete im Oktober 2020 die „Grüne Welle“. In diesem Podcast geht darum, wie sich im Alltag der ökologische Fußabdruck verringern lässt, von Elektromobilität über das Smart Home bis hin zur Digitalisierung. Daneben sponsert die RheinEnergie die Podcast-Reihe „Kölner Klimadialog“, bei der Kölner Prominente sowie der Vorstandsvorsitzende des Unternehmens über ihre Einstellung zum Klimaschutz sprechen. Die erste Folge wurde im November 2020 veröffentlicht. Anfang März 2021 startete der Podcast „Frits Boxx“ der HAMBURG ENERGIE. Hier geht es vor allem um Produkte rund um Ökologie, Mensch, Soziales, Tagesaktuelles und politisches Engagement.
Clubhouse: Was ist dran am Hype um die Audio-App?
Ein neuer Audio-Kanal wurde mit der vor etwa einem Jahr gestarteten Social Media-App „Clubhouse“ eingeführt, um die es Anfang des Jahres 2021 einen Hype gab. Clubhouse veranstaltet Diskussionsrunden im Audio-Format, genannt „Drop-in Audio chat“. Die App ist derzeit nur für iOS verfügbar und nur auf Einladung eines Mitglieds, was wohl eine Aura der Exklusivität schaffen soll. Die Gespräche sind live und werden nicht aufgezeichnet, wodurch die App bei den Zuhörern eine FOMO („fear of missing out“) erzeugen und so das Interesse erhöhen soll.
In den virtuellen Diskussionsrunden halten sich neben Promis wie Thomas Gottschalk inzwischen auch Unternehmen aufzufinden. Im aktuellen Format ist es zwar schwierig, Produktplatzierungen einzubauen, was den Nutzen für Unternehmen mindert. Dennoch könnten Unternehmen über Gesprächsrunden zu komplexeren Produkten Kundennähe aufbauen und sich als interaktiv und auf der Höhe der Zeit präsentieren.
So hat bspw. der neue Anbieter Tibber Anfang Februar zu einem Experten-Talk zum Thema Elektromobilität auf Clubhouse eingeladen. Auch LichtBlick hat im März seine erste Clubhouse-Talkrunde veranstaltet. Dabei ging es um die Vision „klimaneutrales Leben 2035“.
Im Moment nutzen deutschlandweit nur wenige Menschen die App und nach dem anfänglichen Hype gingen die Downloadzahlen wieder deutlich zurück. Eine Präsenz auf Clubhouse ist also derzeit sicherlich nicht zwingend erforderlich, kann aber in die Marketingstrategie einzelner Anbieter passen.
Eine ausführlichere Analyse zum Thema Audio-Marketing findet sich in der April-Ausgabe von Energiemarkt Aktuell, wo bereits wiederholt neue Kanäle für Marketing und Vertrieb im Detail behandelt wurden.
Darüber hinaus liefert der vor kurzem erschienene Energiemarktreport 2021 einen umfassenden Überblick zu Trends und Wettbewerberaktivitäten im Bereich Marketing und Vertrieb.