Gesetzentwurf für faire Verbraucherverträge - Energievertrieb besonders betroffen
Nachdem man lange nichts mehr gehört hat, liegt nun der Entwurf für das Gesetz für faire Verbraucherverträge vor.
Dabei wurde anscheinend weitestgehend umgesetzt, was bereits im Eckpunktepapier vom März 2019 angekündigt war. Die Konkretisierungen haben es aber teilweise in sich, da sie insbesondere die Energiebranche in die Pflicht nehmen, während bspw. Telekommunikationsverträge weitestgehend ausgenommen scheinen.
Kurz zusammengefasst die wesentlichen Punkte:
- Bei Dauerschuldverhältnissen § 309 Satz 9 BGB werden die maximalen Erst- und Folgevertragslaufzeiten sowie Kündigungsfristen deutlich gekürzt:
- Erstvertragslaufzeit maximal ein Jahr statt bislang zwei Jahre
- Folgevertragslaufzeit maximal 3 Monate statt bislang ein Jahr
- Kündigungsfrist maximal ein Monat statt bislang drei Monate
Der Nachsatz: „dies gilt nicht für Verträge über die Lieferung als zusammengehörig verkaufter Sachen sowie für Versicherungsverträge“ scheint erhalten zu bleiben.
- Bei telefonisch geschlossenen Verträgen wird eine Bestätigungslösung eingeführt, d.h. der Kunde muss den Vertrag nach mündlicher Zusage in Textform bestätigen, und zwar innerhalb von 14 Tagen. Die Regelung soll interessanterweise nur für Strom- und Gasverträge und nicht für andere Branchen gelten, zumindest vorerst.
Was die neuen Regelungen bedeuten, haben wir bereits im April 2019 in einem Schwerpunktthema in „Energiemarkt aktuell“ diskutiert. Im September 2019, als das Thema unter der neuen Verbraucherschutzministerin Christine Lambrecht erneut aufkam, gab es dazu außerdem einen umfassenden Beitrag in unserem Energy Blog.
Den Gesetzentwurf selbst können Sie hier herunterladen.
Noch ist nicht klar, welche Anpassungen es im Gesetzgebungsprozess noch geben wird. Inwieweit die Ressortabstimmung bereits abgeschlossen ist, lässt sich nicht sagen. Wir vermuten, dass der Entwurf, der gegenüber dem Eckpunktepapier einige Veränderungen aufweist, zumindest einen gewissen Abstimmungsprozess durchlaufen haben sollte. Soweit wir gehört haben, sagen aber BDEW und VKU übereinstimmend, dass noch keine Abstimmung stattgefunden hat. Trotzdem gehen wir davon aus, dass aufgrund des Gesetzentwurfs, der gegenüber dem Eckpunktepapier einige Änderungen aufweist, deutliche Veränderungen zu erwarten sind, die den Vertrieb von Strom und Gas stark beeinflussen.*
Entsprechend wird sich der Telefonvertrieb im Energiemarkt nicht mehr lohnen, da die Kosten pro Abschluss stark steigen werden. Durch die Begrenzung von Vertragslaufzeiten und Kündigungsfristen dürfte zudem die durchschnittliche Kundenhaltedauer und damit die Profitabilität vieler Verträge sinken.
Es wird also Zeit darüber nachzudenken, wie man als Energieversorger am besten darauf reagiert.
Unter anderem sind folgende Bereiche zu berücksichtigen:
- Anpassung des Produktportfolios auf Tarife mit maximal 12 Monaten Erstvertragslaufeit (ab Vertragsbeginn).
- Bewältigung der Umstellung in laufenden Verträgen durch AGB-Anpassung
- Entwicklung einer Bestandskundenstrategie, die die zusätzlichen Kündigungsmöglichkeiten berücksichtigt.
- Ausgleich der Akquiseleistung aus dem Telefonvertrieb
- Neubewertung der Vertriebskanäle und Entwicklung kanalspezifischer Anpassungen, z.B. im Hinblick auf
- Produktgestaltung
- Pricing
- Wechselanreize
- Provisionsmodelle
- Kundenbindungsmaßnahmen
Dabei ist auch eine gewisse Kreativität gefragt, da Lösungen nicht nur in einer Anpassung der Verträge und Preise bestehen, sondern vor allem in der Entwicklung von Leistungen, die dazu beitragen, dass die Kunden treu bleiben, auch wenn sie quasi andauernd wechseln könnten. Hier werden vor allem einfach implementierbare Lösungen gefragt sein, die einen echten Mehrwert bieten.
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*Der vorstehende Absatz wurde aufgrund von neuen Informationen abgeändert. Ursprünglich hieß es, dass wir davon ausgehen, dass der Entwurf bereits zwischen den Ressorts abgestimmt sei und damit wohl weitestgehend so verabschiedet würde.