EEG-Novelle 2016 soll den Weg für regionale Ökostromprodukte bereiten
EEG-Novelle 2016 soll den Weg für regionale Ökostromprodukte bereiten
Am 11.03.2016 hat das BMWi im Rahmen der bevorstehenden Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes ein Eckpunktepapier für eine regionale Grünstromkennzeichnung vorgestellt. Nach eigenen Angaben soll das vorgeschlagene System energiewirtschaftlich sinnvoll, möglichst einfach und glaubwürdig sein. Zudem soll die Grünstromkennzeichnung die EEG-Umlage nicht zusätzlich belasten. Die neue Kennzeichnung soll Bestandteil der EEG-Novelle 2016 werden. Bis zur Sommerpause soll das Gesetzgebungsverfahren abgeschlossen sein und nach aktuellem Zeitplan bis Ende 2016/Anfang 2017 in Kraft treten.
Aus dem Eckpunktepapier geht das Konzept der Bundesregierung zur Schaffung einer Vermarktungsmöglichkeit für regional erzeugten Ökostrom hervor, das nun in seiner derzeit gültigen Fassung – vorbehältlich eventueller Änderungen im weiteren Gesetzgebungsprozess – hinsichtlich Tarifgestaltung und Marketing an dieser Stelle erläutert wird.
Stromherkunft soll regional zertifiziert werden
Der Kern der vorgeschlagenen Grünstromkennzeichnung ist die Zertifizierung der räumlichen Nähe zwischen einer Erzeugungsanlage und dem Endverbraucher. Hierzu wird festgestellt, in welchem PLZ-Gebiet ein Verbraucher wohnt. Von den Rändern des PLZ-Gebiets aus wird ein Radius von 50 km gezogen, um eine Region zu bilden. Im Falle einer Gemeinde mit mehreren PLZ-Gebieten wird der Radius von 50 km von den Rändern der Gemeinde aus abgetragen. Der Strom aus Anlagen, die innerhalb dieser Region liegen, kann grundsätzlich für die regionale Grünstromkennzeichnung genutzt werden.
Anlagen können zur Teilnahme an der Grünstromkennzeichnung unter Angabe ihrer PLZ und tatsächlicher Stromproduktion beim Umweltbundesamt angemeldet werden. Das Amt stellt „Regionalnachweise“ über das bestehende Herkunftsnachweisregister für die entsprechende Region und Strommenge aus. Ein Regionalnachweis kann nicht getrennt vom Strom aus der Anlage gehandelt werden, sondern „folgt“ der vertraglichen Lieferkette des Stroms. Dadurch erhält dasjenige EVU den Regionalnachweis auf sein Konto beim Herkunftsnachweisregister übertragen, das auch den Strom aus der Anlage gekauft hat.
Das EVU meldet dem Herkunftsnachweisregister, wieviel Strom es insgesamt an seine Kunden im jeweiligen PLZ-Gebiet geliefert hat. Gegebenenfalls muss das EVU die Richtigkeit dieser Meldung (z.B. durch einen Wirtschaftsprüfer) bestätigen lassen. Außerdem erklärt das EVU dem Register, welche Regionalnachweise es für die regionale Kennzeichnung dieses Stroms einsetzen will. Das Herkunftsnachweisregister prüft, ob die genannten Regionalnachweise auf dem Registerkonto des EVU liegen, und ob die Nachweise aus einem PLZ-Gebiet stammen, das in der Region des betreffenden Kunden liegt. Wenn beides zutrifft, kann das EVU auf der Stromrechnung des Kunden einen entsprechenden Anteil an regionalem Grünstrom ausweisen.
Entwurf schafft gewisse Vorteile
Drei konkrete Vorteile bestehen in der Vorgehensweise der vorgeschlagenen Grünstromkennzeichnung, die das in der EEG-Novelle 2014 abgeschaffte Grünstromprivileg ersetzen sollen. Erstens dürfen Energieversorger den Anteil des EEG-geförderten Ökostroms aus der Region ausweisen, da dieser von jedem Stromkunden über die EEG-Umlage „gekauft“ wird. Dies sollte die Akzeptanz der Bürger für die Energiewende erhöhen.
Beispiel des BMWi für eine regionale Grünstromkennzeichnung
Zweitens dürfen Versorger erneuerbare Energien aus der Region ihrer Kunden einkaufen oder ggf. selbst erzeugen und zertifizieren lassen. Es entsteht somit ein Anreiz zur regionalen Direktvermarktung bzw. zur Investition in lokale Erzeugungsanlagen, weil Energieversorger daraus einen staatlich zertifizierten regionalen Ökostromtarif gestalten können.
Und drittens dürfen die genauen Anlagen, aus denen der Ökostrom stammt, konkret genannt werden. Damit sollen der regionale Bezug gestärkt und eine weitere Marketing-Option eröffnet werden.
Erste Schwachstellen im Konzept werden bereits moniert
Das Eckpunktepapier ist in vielerlei Hinsicht auf positive Resonanz gestoßen, da es zumindest eine Verbesserung gegenüber dem Status quo darstellt. Der VKU sieht bspw. im Entwurf den Grundsatz des von ihm vorgeschlagenen Modells, das die Kennzeichnung und nicht die Vermarktung des EEG-Stroms in den Vordergrund gestellt hat. Dennoch werden einige Punkte kritisiert.
So moniert der VKU die Beschränkung der Kennzeichnung auf Anlagen und Kunden, die sich in derselben Region befinden. Versorger wie bspw. die Stadtwerke München entrichten Anlagen auch außerhalb ihres Versorgungsgebiets, bspw. weil das regionale Potential zu gering ist. Vorhaben wie der Solarpark der Stadtwerke München in der Oberlausitzt als Beitrag zur bilanziellen Deckung des Münchner Strombedarfs würden von der Grünstromkennzeichnung in der aktuellen Fassung nicht profitieren.
Unklar ist darüber hinaus, wie viele Anlagen zur Teilnahme an der regionalen Kennzeichnung angemeldet werden. Zwar wäre der bürokratische Aufwand gering, aber insbesondere kleine, EEG-geförderte Anlagen im Privatbesitz hätten keinen erkennbaren Anreiz zur Teilnahme und müssten zudem erst einmal über das neue Angebot informiert werden. Direktvermarktete Anlagen hingegen hätten einen klaren Anreiz zur Teilnahme, da die Regionalnachweis ihren Strom aufwerten, und dürften innerhalb kürzester Zeit nach Inkrafttreten der Novelle dem Markt zur Verfügung stehen.
Ein weiterer Kritikpunkt ist das Fehlen von finanziellen Anreizen für eine regionale Vermarktung, die Hans-Josef Fell, Präsident der Energy Watch Group und ehemaliger Grüner-Bundestagsabgeordneter, für nötig hält. Das Internationale Wirtschaftsforum Regenerative Energien (IWR) kritisiert darüber hinaus, dass Energieversorger ihren (ggf. grauen) Strom weiterhin von ihren Vorlieferanten beziehen und aufgrund der rechnerischen Ermittlung des EEG-Stromanteils trotzdem einen „regionalen Ökostromanteil“ ausweisen dürften.
Fazit: Insbesondere kleinere Lokalversorger würden vom Entwurf profitieren
Sofern das Eckpunktepapier des BMWi in etwa wie in der aktuellen Fassung umgesetzt wird, entsteht eine spannende Möglichkeit für Versorger, den Faktor Regionalität in der Vermarktung und Tarifgestaltung stärker zu betonen.
Insbesondere kleine und mittlere Stadtwerke könnten von der vorgeschlagenen Kennzeichnung profitieren, wenn sie entweder selbst Ökostrom regional erzeugen oder aus entsprechenden Anlagen zukaufen können.
Überregional und bundesweit agierende Anbieter könnten von den Möglichkeiten ebenfalls Gebrauch machen, hätten aber eine höhere Komplexität bei der Abwicklung zu bewältigen.
Insgesamt ist das Konzept des BMWi im Grundsatz zu begrüßen, obwohl Verbesserungspotential besteht. Sollte es in seiner aktuellen Form in Kraft treten, würde es jedenfalls zur deutlichen Steigerung der Gestaltungsmöglichkeiten im Strommarkt beitragen. Offen bleibt, inwiefern die Kunden solche neuen Tarifbestandteile verstehen und wertschätzen.
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