EEG 2017 lässt Hintertür für Mieterstrom

Nach einem Konsultationsprozess, an dem sich Verbände, Unternehmen aber auch Bürger mit rund 60 Stellungnahmen beteiligten, hat die Bundesnetzagentur den „Leitfaden zur Eigenversorgung“ herausgegeben. Hintergrund ist die im EEG 2014 angestoßene, angepasste Kostenbelastung von privilegierten „Prosumern“ und den übrigen Stromverbrauchern. Der Leitfaden stellt in diesem Sinne eingangs fest, dass sowohl Eigenversorger als auch Drittversorgte grundsätzlich mit der EEG-Umlage belastet werden.

Der Leitfaden stellt kein verbindliches Rechtsdokument, sondern eine Orientierungshilfe dar und spiegelt die Rechtsauffassung der Regulierungsbehörde wieder. Er enthält gegenüber dem EEG 2014 keine neuen Regelungen, konkretisiert aber insbesondere Sonderregelungen zur Reduzierung oder Befreiung von der EEG-Umlage bei Eigenversorgung und veranschaulicht diese mit Praxisbeispielen.

Räumlicher Zusammenhang

Damit eine Eigenversorgung vorliegt, bedarf es bspw. eines unmittelbaren räumlichen Zusammenhangs zwischen Erzeugungsanlage und den technischen Verbrauchsgeräten ohne Netzdurchleitung. Neben einer geringen Distanz müssen Erzeugung und Verbrauch auch räumlich-funktional zusammenhängen, sodass eine „qualifizierte räumlich-funktionale Nähe-Beziehung“ gegeben ist. In der Praxis bedeutet dies:

  • Unterbrechende Elemente wie Straßen, Flüsse oder Bauwerke stören diese Beziehung.
  • „Stark verbindende Bauwerke“ können diese Beziehung herstellen. Strom- oder Telekommunikationsleitungen sind dafür bspw. unzureichend.
  • Eine distanz- oder gebietsbezogene Auslegung ist ungenügend. Eine definierte Maximaldistanz zwischen Anlage und Verbrauchsgeräten gibt es bspw. nicht.

Trotz dieser Konkretisierung schließt die Bundesnetzagentur eine pauschale Vorgabe aus und verweist auf die ggf. notwendige Betrachtung von Einzelfällen und deren Sondercharakter.

Personenidentität von Betreiber und Letztverbraucher

Auch die für die Eigenversorgung notwendige Personenidentität von Anlagenbetreiber und Letztverbraucher erklärt der Leitfaden ausführlich. Die zentralen Merkmale führt folgende Tabelle auf:

Merkmale von Betreibern und Letztverbrauchern

Betreiber Voraussetzung für Personenidentität Letztverbraucher
  • Tatsächliche Herrschaft über die Anlage
  • Eigenverantwortliche Bestimmung der Arbeitsweise
  • Wirtschaftliches Risiko

 

 

=

  • Tatsächliche Herrschaft über die Verbrauchsgeräte
  • Eigenverantwortliche Bestimmung der Arbeitsweise
  • Wirtschaftliches Risiko

 

Wer das wirtschaftliche Risiko auf Betreiberseite trägt, ist vor allem bei Miet- oder Contracting-Verträgen unklar. Die Bundesnetzagentur empfiehlt in derartigen Fällen eine umfassende Bewertung der Risikoverteilung. Der Leitfaden greift zusätzliche einige Praxisbeispiele auf, bei denen keine Eigenversorgung vorliegt:

  • Bei Mehrpersonenkonstellationen, wie bspw. Genossenschaften, Gesellschaften bürgerlichen Rechts oder anderen Betreibergesellschaften, deren Mitglieder Strom aus einer gemeinsamen Anlage beziehen, liegt keine Personenidentität vor. Eine Ausnahme gilt, wenn die „identische Mehrzahl von Personen, die als Betreiber auftritt, zugleich personenidentisch als dieselbe Mehrzahl von Personen den selbst erzeugten Strom verbraucht.“ Dies ist bspw. bei der Flurbeleuchtung eines Mehrfamilienhauses der Fall.
  • Auch Immobilienbesitzer, die Mietern (den Letztverbrauchern) Strom aus einer an oder in der Immobilie installierten Anlage zur Verfügung stellen, müssen die EEG-Umlage abführen. Dabei ist es unerheblich, ob der Letztverbraucher den Strom kauft, kostenlos erhält oder dieser über die Miete abgerechnet wird.

Ist Personenidentität, keine Netzdurchleitung und eine qualifizierte räumlich-funktionale Nähe-Beziehung gegeben, erwartet Eigenversorger, die EE-Anlagen oder hocheffiziente KWK-Anlagen einsetzen, eine anteilig reduzierte EEG-Umlagepflicht (40 Prozent ab 2017). Ist die Leistung der Anlage zusätzlich kleiner als zehn kW und der Eigenverbrauch pro Jahr auf 10.000 kW begrenzt, entfällt die Umlage ganz.

Personenidentität wird für Mieterstrom ausgehebelt

Mit der strikten Personenidentität zwischen Betreiber und Letztverbraucher scheiden eigentlich auch Mieterstrommodelle für eine reduzierte Umlagepflicht aus. Doch §95 des EEG 2017 enthält eine Verordnungsermächtigung zu Mieterstrommodellen. Sie erlaubt der Bundesregierung, eine Rechtsverordnung zu erlassen, ohne die Zustimmung des Bundesrates einholen zu müssen. Gemäß der Verordnungsermächtigung im EEG 2017 müssen Betreiber von PV-Anlagen eine verringerte EEG-Umlage zahlen, wenn

  • die PV-Anlage auf, an oder in einem Wohngebäude installiert ist
  • und der Strom innerhalb des gleichen Gebäudes an Dritte geliefert wird

Dabei könne zwischen Nutzergruppen und Anlagengröße unterschieden werden. Näheres hierzu ist noch nicht bekannt. Auf Anfrage konnte das BMWi auch keine weiteren Details zur Verordnungsermächtigung nennen. Kosten und Nutzen seien noch nicht zu beziffern, da die Verordnung derzeit noch erarbeitet werde. Branchenvertreter wie Florian Henle von Polarstern gehen davon aus, dass die anteilig reduzierte Umlagepflicht von 40 Prozent der EEG-Umlage auch für Mietstromanlagen gelten wird. Sänken die Kosten für die EEG-Abgabe also um 60 Prozent, könnte ein Mieterhaushalt mit einem Verbrauch von 4.000 kWh ca. 100 Euro pro Jahr sparen. Mieterstrom auf KWK-Basis wird keine Verminderung der EEG-Umlage erfahren.

Fazit

Die SPD proklamiert für sich, das Mieterstromkonzept noch kurz vor Verabschiedung des EEG 2017 eingebracht zu haben. Als Grund geben Parteivertreter an, auch Mietern, die nicht über ein eigenes Dach verfügen, Teilhabe an der Eigenversorgung zu ermöglichen. Sollte die Verordnung in der erwarteten Form kommen, kann dies die Attraktivität von Mieterstromprojekten steigern und Projektierern auch weiterhin einen spannenden Markt sichern. Für Versorger bieten sich Chancen, entweder lokale Kunden mit den attraktiven Eigenstrommodellen auch emotional an sich zu binden oder aber wohnanlagenweise Kunden von Stadtwerken abzuwerben.

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