Der Strom ist gelb geblieben und heißt nur noch „yello“
Kein Anbieter, der seit der Liberalisierung in den Energiemarkt eingetreten ist, hat seine Marke so erfolgreich aufgebaut wie die Yello Strom GmbH. Mit groß angelegten Werbekampagnen ab dem Jahr 1999 ist es der EnBW-Tochter gelungen, sowohl dem Strom die Farbe Gelb zu verleihen als auch die Attribute „gut“ und „günstig“ für sich zu beanspruchen. Besonders das Image der Preisgünstigkeit konnte das Unternehmen nachhaltig sichern. Dies wird in der gesamten Branche als Marketing-Coup gesehen und gerne mit den „Geiz ist geil“- und „Ich bin doch nicht blöd“-Kampagnen von Media Markt verglichen.
Seit diesen anfänglichen Erfolgen haben sich sowohl das Unternehmen als auch der Markt weiterentwickelt. Einerseits hat sich der Wettbewerb deutlich intensiviert und nicht nur Energiediscounter haben sich preislich unterhalb von Yello Strom positioniert. Als Yello Strom im Jahr 2012 ein bundesweites Gasangebot eingeführt hat, musste man sich zudem fragen, ob die Firmierung „Yello Strom“ den Unternehmenszweck noch geeignet widerspiegelt.
Am 16.01.2017 hat das Unternehmen die Konsequenzen gezogen und den Markennamen schlicht auf „yello“ verkürzt. Die Entscheidung, das Wort „Strom“ nicht einfach durch das Wort „Energie“ zu ersetzen, wie es zahlreiche Stadtwerke nach der Einführung eines spartenübergreifenden Angebots getan haben, zeigt, dass das Rebranding vor allem auf die neuen Aktivitäten außerhalb der reinen Energielieferung abzielt.
Vor diesem Hintergrund wurde auch der neue Werbeclaim „Mehr als du denkst“ eingeführt, der den althergebrachten Claim „Gelb. Gut. Günstig.“ ablöst und u.a. mit einer Reihe neuer TV-Spots kommuniziert wird. Auch dies soll die Botschaft vermitteln, dass yello mehr als nur Energieprodukte zu bieten hat. Aber was genau soll das sein?
Begehrenswerte Hardware statt Commodity-Produkte
Als einer der ersten Energieanbieter hat yello im Jahr 2014 ein Tablet als Sachprämie in Verbindung mit dem Abschluss eines Strom- oder Gasvertrags eingeführt. Das Modell wurde medienwirksam mit reichweitenstarken Werbespots platziert und wird inzwischen von einigen Wettbewerbern, u.a. der badenova und 1&1 Energy, in ähnlicher Weise angeboten. Nun will yello anscheinend auf diesen Erfolg aufbauen und begehrenswerte Hardware, für die sich die Kunden mehr als für Strom, oder Gas begeistern können, in den Vordergrund stellen. Die Energieprodukte werden an die Hardware „drangehängt“. Dies ist vergleichbar mit der langjährigen Strategie der Telekommunikationsanbieter, die das Handy als Objekt der Kundenbegierde betonen, das anschließend über das notwendige Übel, den Mobilfunkvertrag, abbezahlt wird.
Die ersten Auswüchse dieser neuen Unternehmensstrategie lassen sich an der passend zum neuen Markenauftritt überarbeiteten Webseite erkennen. So kann man nun bei der Produktauswahl zuerst ein Smartphone oder ein Tablet auswählen. Erst im zweiten Schritt erfolgt die Abfrage der relevanten Informationen für den im Zusammenhang mit dem Geräteangebot obligatorischen Strom- oder Gasvertrag.
Diese Art der Bestellstrecke, die in der Mobilfunkbrache weit verbreitet ist, hält somit nach Einschätzung von KREUTZER Consulting erstmalig Einzug in die Energiebrache. Den Versand und die Abbuchung der Zuzahlung zum Gerät übernimmt die Brodos AG, eine Tochtergesellschaft des Telekommunikations-Distributors KOMSA Group.
Darüber hinaus vertreibt yello seit Kurzen auch PV-Anlagen, die nach eigenen Angaben mit einem intelligenten Energiemanagementsystem ausgestattet sind. Im Wesentlichen sammelt yello mit dem PV-Angebot auf der Homepage derzeit Anfragen potentieller Kunden, die an den Projektierer DZ-4 GmbH übermittelt werden, an der die yello-Muttergesellschaft EnBW eine Beteiligung von 15 Prozent hält. yello tritt dabei als Reststromlieferant mit einem Ökostromprodukt auf. Nach Übermittlung der Anfrage folgen ein kostenloser Beratungstermin vor Ort und eine individuelle Angebotsberechnung. Welche Modelle angeboten werden, bspw. Kauf oder Pacht, geht aus den Angebotsinformationen nicht hervor.
Zu guter Letzt arbeitet yello derzeit am Webshop, der ab dem 01.02.2017 gerelauncht werden soll. Dieser soll den Hardware-Vertrieb forcieren. Das Angebot ist zwar noch nicht verfügbar, aber die auf der Webseite ersichtlichen Produktkategorien im Shop lassen die künftige Ausrichtung bereits erkennen. In einer Erläuterung zum Angebot im Webshop äußert yello, dass man den Kunden ausgewählte, hochwertige Hardware zu günstigen Preisen anbieten wolle. So differenziere man sich vom dem sonst üblichen marktschreierischen Überangebot durch ein stressfreies Einkaufserlebnis. Inwiefern die Shop-Produkte ebenfalls mit Strom- und Gasangeboten von yello kombiniert werden können, ist derzeit unklar.
Struktur des yello-Webshops am 31.01.2017:
Computer & Tablets | Telefon & Navigation | Haushalt & Beleuchtung | TV & Audio |
Tablets mit WiFi | Smartphone/Mobiltelefon | Smart Home | Lautsprecher |
Tablets mit WiFi & LTE | Wearables | LED Leuchtmittel | Kopfhörer/Headsets |
Computerzubehör | Zubehör |
yello: Energie bildet die Basis
Der neue Auftritt von yello soll den Markenkern erweitern, um das Angebot neuer Produkt glaubhaft zu kommunizieren. Kern der Strategie ist ein Mehrwert, den yello für seine Kunden durch die Vorfinanzierung begehrter Unterhaltungselektronik generieren kann. Der Kunde erhält das Gerät, das er haben will, und zahlt es mit dem einem Strom- oder Gastarif ab, den er sowieso haben muss. Die Erweiterung des yello Shops um weitere Elektronikartikel ist eine logische Fortsetzung dieser Strategie und dürfte den Absatz von Strom und Gas über den Hardware-Verkauf vorantreiben. Die Kombination aus Energieprodukten mit Sachprämien erschwert zudem einen direkten Preisvergleich und die Gewährleistung einer volle Preisgarantie für die Dauer der zweijährigen Erstvertragslaufzeit schließt zudem die Möglichkeit einer Preiserhöhung und das damit verbundene Kündigungsrisiko aus.
Die Strategie ist dennoch nicht ohne Risiken. Schließlich hat E WIE EINFACH im Jahr 2012 mit dem Markenauftritt „Wie Einfach“ versucht, sich dem Preiskampf zu entziehen und als Lifestyle-Anbieter zu positionieren, der seinen Kunden das Leben „einfach“ macht. Obwohl der neue Markenauftritt und die neuen Produkte inhaltlich zu einander gepasst haben, ist der Erfolg ausgeblieben. Die Kunden waren offensichtlich nicht bereit, sich von ihrem Energieanbieter Lifestyle-Tipps geben oder Lifestyle-Produkte verkaufen zu lassen. Inzwischen rückt die aktuelle Strategie den Begriff „Smart Living“ in den Vordergrund und preist im Wesentlichen die Vorteile eines Smart Home-Systems an, um entsprechende Geräte zu verkaufen.
Inspirieren lassen kann sich die Energiewirtschaft jedenfalls von der neuen Bestellstrecke über die Hardware-Auswahl, die yello eingeführt hat. Dies ist eine neue Art der Customer Journey, die bei den meisten Energieanbietern mit einem Tarifrechner beginnt und kurz danach mit einem leicht vergleichbaren Preis für ein reines Commodity-Produkt endet. Über eine differenziertere Customer Journey lassen sich individuelle Lösungen konfigurieren und somit sowohl den Mehrwert für den Kunden als auch die Bindung an den Anbieter erhöhen.
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