Der beste Kundenservice ist der, den man nicht braucht

Kundenzufriedenheit wird meist allein dadurch erzeugt, dass die Leistungsbeziehung zwischen Kunde und Anbieter störungsfrei verläuft. Kurz gesagt: wo keine Probleme sind, gibt es keinen Grund unzufrieden zu sein.

Ein zufriedener Kunde ist aber noch lange kein loyaler Kunde. Letztlich können andere Anbieter ein besseres Produkt oder einen günstigeren Preis anbieten und den Kunden zum Wechseln motivieren.

Loyalität entsteht aber nicht nur, wenn man das beste Angebot hat, sondern vor allem dann, wenn es Probleme gibt, die zur Zufriedenheit des Kunden gelöst werden. Hier kommt der Kundenservice ins Spiel, der aber oft nicht zur Problemlösung beiträgt, sondern vielmehr ein zusätzliches Problem darstellt.

Warum ist das so? Weil der Kundenservice seinen Namen oft nicht verdient und eher kostenoptimiert als serviceoptimiert gesteuert wird. Das kostet letztlich zufriedene Kunden und damit mehr Geld als einem lieb ist.

Ich hatte in den letzten Tagen einige Erlebnisse mit unterschiedlichen Kundenserviceabteilungen, die das Problem gut illustrieren. Diese seien hier anhand des jeweils genutzten Kommunikationskanals dargestellt:

Telefonischer Kundenservice

  • Anbieter 1 war recht schnell am Telefon, hatte auch gleich eine Lösung parat, die im Zurücksetzen des Passworts für das Kundencenter bestand. Nach Durchführung der Maßnahme ist nichts passiert. Daraufhin habe ich beschlossen, mein Anliegen schriftlich zu formulieren.
  • Anbieter 2 hat ähnlich wie auf der Webseite eine Filterfunktion und stellt sehr viele Fragen zu meinem Anliegen. Am Ende hatte ich mich wohl mangels einer passenden Auswahlmöglichkeit für die falsche entschieden und bin dann prompt bei einer Mitarbeiterin gelandet, die nicht zuständig war. Der Versuch mich weiterzuleiten scheiterte. Man bat mich nochmal anzurufen. Das habe ich mir dann gespart.

Kundenservice per E-Mail oder Kontaktformular

Eigentlich klingt das einfach. Man schreibt dem Unternehmen, was man von ihm möchte, und erhält hoffentlich zeitnah eine Antwort. So einfach ist es aber am Ende doch nicht:

  • Anbieter 1 hat mir auf mehrere E-Mails bislang überhaupt nicht geantwortet. Es gibt auch keine Eingangsbestätigung meiner E-Mail. Ich komme damit nicht weiter
  • Anbieter 2 stellt ein Kontaktformular bereit. Dort muss man sein Problem aber erst einmal einem der vorgegebenen Themen zuordnen. Das ist mir nicht leichtgefallen, weil es zu viele Themen gab und meines nicht dabei war. Ich habe dann einen Text absetzen können, weiß aber bis heute nicht, ob den irgendjemand wahrgenommen hat.

In beiden Fällen hat mir der schriftliche Weg also nichts gebracht, obwohl ich mir viel Mühe gegeben habe, mein Anliegen zu erklären.

Chatbot

So ein Chatbot kann ja manchmal hilfreich sein, in meinem Fall war das aber nicht so:

  • Anbieter 1 hat einen Chatbot mit dem schönen Namen „Smile“, hat mich aber eher zum Weinen gebracht. Echte Hilfe, Fehlanzeige!
  • Anbieter 2 hat neuerdings auch einen Chatbot. Der konnte meine Fragen auch überhaupt nicht zuordnen, hat mir aber anschließend angeboten, über das Chatfenster eine Mail an den Kundenservice zu schreiben. Leider überschnitten sich meine Eingaben mit den Anweisungen des Chatbos, so dass ich dem Kundenservice eine Mail mit dem Inhalt „Du bist aber ganz schön doof“ übermittelt habe. Vielleicht werden meine Mails deshalb nicht beantwortet…

Sind meine Probleme nun gelöst?

  • Bei Anbieter 1 habe ich per Google-Suche einen Link auf die passende Antwort in den FAQ gefunden.
  • Bei Anbieter 2 warte ich immer noch und habe schon wieder eine neue Frage, die möglicherweise auch nie beantwortet wird.

Was macht guten Service aus?

Der beste Kundenservice ist der, den man nicht braucht. Muss man deshalb so gut sein, dass die Kunden niemals eine Frage oder ein Problem haben? Das wird man vermutlich nicht schaffen. Es gibt jedoch ein paar Regeln, deren Beachtung das Serviceerlebnis mit Sicherheit verbessern:

  • Einer der wichtigsten Informations- und Kommunikationskanäle für die Kunden ist die Webseite des Anbieters. Eine Webseite sollte deshalb folgende Eigenschaften aufweisen:
    • Klare Seitenstruktur
    • Alle für die Kaufentscheidung oder Serviceprozesse relevanten Informationen sollten auf der Webseite leicht auffindbar sein
    • Der Vertragsabschluss sollte leicht und möglichst barrierefrei vonstattengehen.

Am Ende gilt: je leichter der Kunde relevante Informationen auf der Webseite findet, desto weniger wird er den Kundenservice in Anspruch nehmen müssen.

  • Ein Chatbot bietet eine ganz hervorragende Möglichkeit, um einfache Fragen der Kunden zu beantworten und ggf. auch Serviceprozesse wie die Mitteilung eines Zählerstands o.ä. zu automatisieren. Die Fähigkeiten der meisten Chatbots sind heute jedoch sehr beschränkt. Deshalb ist es ratsam, immer einen Menschen einzuschalten, wenn der Chatbot nicht weiterkommt. Eine Servicekraft kann parallel in mehreren Chats kommunizieren und die Anfragen der Kunden eindeutig, weil schriftlich, beantworten. Für den Kunden ist der Chat meist angenehmer, da es keine schlechte Warteschleifenmusik gibt und die Wartezeit in der Kommunikation nicht als solche wahrgenommen wird.
  • Telefonischer Service bleibt weiterhin wichtig. Eine thematische Vorfilterung der Anrufe ist sicherlich in vielen Fällen sinnvoll, sollte jedoch nicht so umfassend sein, dass man als Kunde leicht die falsche Entscheidung trifft und dann mit nicht zuständigen und für das eigene Thema inkompetenten Mitarbeitern verbunden wird. Besser ist es, die Mitarbeiter breiter zu schulen und dafür zu sorgen, dass man den passenden Ansprechpartner leichter findet.

Insgesamt ist der Kundenservice viel mehr als eine Anlaufstelle für mal mehr, mal weniger berechtigte Kundenanfragen. Der Service ist das Kundenbindungsinstrument schlechthin und kann gleichzeitig auch für Cross- und Upselling genutzt werden. Das geht aber nur, wenn die Kommunikationskanäle gut aufeinander abgestimmt und die Mitarbeiter auch vertrieblich kompetent sind.

 

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