Das große Preisroulette zum Jahreswechsel – wie steigert man die Gewinnchancen?

Spätestens bis zum 19.11.2020 müssen Energieversorger ihre Kunden über Preisanpassungen zum Jahresanfang 2021 informiert haben. Bis dahin sind noch ca. 16 Wochen, also rund 100 Tage Zeit. Der ein oder andere hat sich vielleicht schon jetzt überlegt, wie er mit dem BEHG und der damit verbundenen CO2-Abgabe umgeht. Alle anderen sollten spätestens jetzt damit beginnen und sich evtl. auch ein paar Optionen offenhalten. Denn der Erfolg oder Misserfolg der eigenen Maßnahmen wird auch stark davon abhängen, was die Wettbewerber machen.

Was wird passieren?

Ab dem 01.01.2021 wird eine Abgabe von 25 Euro pro Tonne CO2 auf Gaslieferungen fällig. Diese muss von dem abgeführt werden, der die Energie in Verkehr bringt, also vom Energieversorger. Bis 2025 wird die Abgabe auf 55 Euro pro Tonne CO2 steigen, bevor es dann einen regulierten Übergang in einen Emissionshandel gibt.

Was kostet das?

Bei CO2-Emissionen von 202 Gramm pro kWh Erdgas entsteht pro 5.000 kWh Verbrauch rund eine Tonne CO2. Bei einem Jahresverbrauch von 20.000 kWh und 25 Euro pro Tonne im Jahr 2021 entstehen also Mehrkosten in Höhe von etwa 100 Euro netto oder 119 Euro brutto. Für den Kunden bedeutet das eine monatliche Mehrbelastung von etwa 10 Euro. Ausgehend vom aktuellen Verivox-Verbraucherpreisindex Gas (1.164 Euro brutto Jahreskosten bei 20.000 kWh) und der Unterstellung, das sich sonst nichts ändert, kommt es also durch die Abgabe im Jahr 2021 zu einem Kostenanstieg von 10,3%.

Je nach Beschaffungsstrategie und Eindeckung für die nächsten Jahre können die in letzter Zeit stark gesunkenen Beschaffungskosten den Anstieg ein stückweit, vielleicht bei dem ein oder anderen sogar weitestgehend ausgleichen. Vielleicht ist es auch eine gute Idee, zum Jahreswechsel 2020/2021 die Preise möglichst stabil zu halten, selbst wenn es dann später notwendig werden sollte, stärker zu erhöhen als andere.

Man sollte aber berücksichtigen, dass viele unterschiedliche Faktoren dazu beitragen, ob jemand den Versorger wegen einer Preisanpassung wechselt oder nicht. Die Anzahl und das Ausmaß der Preisanpassungen im Gesamtmarkt sind nur zwei davon.

Jahr

CO2-Preis pro Tonne

Zusatzkosten pro Jahr brutto bei 20.000 kWh

künftige Kosten

Preisanstieg ggü. VJ

2020

0,00 €

0 €

1.164 €

 

2021

25,00 €

120 €

1.284 €

10,3%

2022

30,00 €

144 €

1.308 €

1,9%

2023

35,00 €

168 €

1.332 €

1,8%

2024

45,00 €

216 €

1.380 €

3,6%

2025

55,00 €

264 €

1.428 €

3,5%

2026

60,00 € (geschätzt)

288 €

1.452 €

1,7%

 

Insgesamt kommt es so zwischen 2021 und 2026 zu einem Gesamtkostenanstieg um knapp 25%, sofern die Beschaffungskosten, Netzentgelte, Steuern und Margen bis dahin stabil bleiben.

Je nach tatsächlicher Kostenentwicklung und Preisstrategie kann es also leicht passieren, dass in den nächsten Jahren ein größerer Preissprung nicht zu vermeiden ist, gerade wenn man 2021 weitestgehende Stabilität verspricht.

Daher ist es ratsam, eine längerfristige Preisstrategie zu entwickeln, die die nächsten fünf Jahre berücksichtigt und sich auch an den Bedürfnissen und Einstellungen der eigenen Kunden orientiert.

Welche Möglichkeiten gibt es auf den ersten Blick?

Ohne hier eine pauschale Handlungsempfehlung geben zu wollen (pauschale Ansätze funktionieren nie besonders gut), gibt es einige Optionen, die man zumindest in eine Analyse möglicher Maßnahmen und deren potenzieller Konsequenzen einbeziehen sollte.

  • Möglichst starke Kompensation der CO2-Abgabe durch gesunkene Beschaffungskosten
  • Preisanpassung zum Jahresanfang 2021 und Gewährung längerfristiger Preisstabilität (2-3 Jahre)
  • Schon jetzt neue Tarife schaffen, die den kritischen Zeitpunkt mithilfe einer Preisgarantie überbrücken
  • Separate Verrechnung der CO2-Abgabe außerhalb von Arbeits- und Grundpreis

Für eine fundierte Entscheidung sollten allerdings auch weitere Aspekte berücksichtigt werden, die den Erfolg der eigenen Maßnahmen beeinflussen könnten.

Die wichtigsten Themen sind sicherlich:

  • Preis- und Kostenentwicklung im Strommarkt zum Jahreswechsel (EEG-Deckelung, Weitergabe Messkosten für mME und iMSys)
  • Was ist von den Wettbewerbern zu erwarten?
  • Wie sollen/können die jeweiligen Maßnahmen kommuniziert werden?
  • Wie werden sich Presse und Verbraucherschützer positionieren?
  • Wie wird die Reaktion der eigenen Kunden ausfallen?
  • Welche Möglichkeiten gibt es abseits des Preises, den Kunden bei der Kostensenkung zu helfen (Dienstleistungen und Produkte im Bereich Heizung, Energiemanagement etc.)?

Was man am Ende wirklich machen kann, hängt natürlich von den Formulierungen in den AGB und der Einschätzung der Juristen ab. Hier kann es bei gleicher Sachlage zu sehr unterschiedlichen Ansichten kommen. Inwiefern eine AGB-Anpassung sinnvoll und notwendig wäre, ggf. auch im Hinblick auf andere Bereiche, muss aber auch eingeplant werden.

Insgesamt gibt es einiges zu bedenken, um das optimale aus der Situation herauszuholen. Neben den Risiken bieten sich aber auch Chancen, sich vom Wettbewerb abzuheben und die Kunden längerfristig zu binden.

Lassen Sie uns darüber sprechen, wie Sie eine Preisstrategie entwickeln, umsetzen und kommunizieren können, die bei Ihren Kunden gut ankommt!

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