Aufbruch in das Blockchain-Zeitalter?

Seit einiger Zeit geistert das Thema „Blockchain“ durch die Energiewirtschaft. Die Technologie, an deren Entwicklung rund 850 Start-Ups weltweit arbeiten, soll Vermittler wie Banken, Börsen oder auch Energieversorger überflüssig machen. Durch den Wegfall solcher Instanzen ließen sich Kosten senken und die Abwicklung von Transaktionen beschleunigen. Zudem sei die Technologie absolut manipulationssicher, so die Befürworter.

Ginni Rometty, CEO bei IBM, wird sogar mit den Worten zitiert: „Blockchain will do for transactions what the internet did for information“. Nicht weniger euphorisch klingen die Fachleute der Deutsche Bank Research, während sie von einer „disruptiven Idee“ sprechen, die das Potenzial habe, ganze Branchen umzukrempeln. Ein Zusammenschlusses von etwa 45 Großbanken, die unter dem Kürzel „R3“ an dem Thema forschen, um einen gemeinsamen Standard für die Finanzwelt zu erarbeiten, verleiht dem Thema zusätzlich Relevanz.

Blockchain – Was ist das?

Um das komplizierte Prinzip verständlich zu beschreiben, wird gerne der Vergleich eines digitalen Kassenbuchs herangezogen, dessen Kopien auf tausenden von Rechnern abgespeichert sind. Bei jeder Transaktion, die zwischen beliebigen Personen stattfindet, verlängert sich das Kassenbuch, bzw. die „Blockkette“, und wird zugleich auf allen anderen Rechnern überprüft. Der gesamte „Blockchain“ ist jederzeit von außen einsehbar, wobei sich aber ausschließlich die handelnden Personen gegenseitig zuordnen können. Vollständige Transparenz und Manipulationssicherheit sei auf diese Weise auch ohne zwischengeschaltete Instanzen möglich.

Branchenunabhängige Anwendbarkeit

Der bislang einzige erprobte Anwendungsfall der Blockchain-Technologie bezieht sich auf die digitale Währung „Bitcoin“. Folglich stellen die meisten Menschen automatisch eine Verbindung zur Finanzindustrie her. Blockchain eignet sich jedoch für vielfältige und branchenübergreifende Anwendungsfälle, etwa bei der Vertragsabwicklung, der Überprüfung digitaler Identitäten oder bei der Verwaltung von Eigentumsrechten.

Beispiele außerhalb des Finanzsektors finden sich etwa in Griechenland. Das Land prüft derzeit die Überführung der Grundbücher seiner Katasterämter in eine Blockchain. Hingegen akzeptiert Estland seit 2015 Eheschließungen, die mittels „Bitnation“ geschlossen werden. Die Technologie des gleichnamigen schwedischen Start-Ups speichert öffentliche Verwaltungsvorgänge wie Verträge, Versicherungen oder Urkunden in einer Blockchain.

Brooklyn Microgrid zieht die Aufmerksamkeit auf sich

Erste Aufmerksamkeit erzeugte die Technologie im energiewirtschaftlichen Umfeld im April 2016. Damals besuchte die  parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, Rita Schwarzelühr-Sutter, das sogenannte „Brooklyn Microgrid“ in New York.

Im dort erprobten Nachbarschaftskonzepts erzeugen zehn Haushalte ihren Strom nicht nur selbst, sondern teilen diesen auch unter sich auf. Abrechnung und Bezahlung erfolgen ohne einen zwischengeschalteten Energieversorger.

Intelligente Messsysteme machen Blockchain erst möglich

Große Bedeutung könnte der neuen Technologie mittelfristig gerade vor dem Hintergrund des bevorstehenden Smart-Meter-Rollouts zukommen. Schließlich ließen sich auf Basis der intelligenten Zähler zahlreiche Geschäftsmodelle, vom klassischen Strom-, Gas- und Fernwärmevertrieb, über die Elektromobilität bis hin zu Messdienstleistungen sowie Ablese- und Abrechnungsverfahren teilweise oder vollständig über eine Blockchain abbilden, so Udo Sieverding von der Verbraucherzentrale NRW.

Da verwundert es nicht, dass sich bereits zahlreiche Versorger, vom Stadtwerk bis hin zum Konzern, in verschiedenen Testprojekten mit dem Thema auseinandersetzen. Schließlich möchte man bei einer Technologie, die das eigene Geschäftsmodell mittelfristig überflüssig machen könnte, nicht den Anschluss verlieren.

Mehr dazu im Energiemarkt Aktuell

Weitere Informationen zu den derzeit laufenden Testprojekten und unsere Analyse zu den Auswirkungen der Blockchain-Technologie auf die Energiewirtschaft finden Sie in der aktuellen Ausgabe von Energiemarkt Aktuell.

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