Energievertrieb, Marketing und Kundennähe in der Krise und darüber hinaus
Bei den Energieversorgern steht derzeit die Aufrechterhaltung der kritischen Infrastrukturen und die Anpassung der dazugehörigen internen Prozesse an die Krisensituation im Vordergrund. Jedoch sind die Unternehmen auch mit der Frage konfrontiert, wie wirtschaftliche Einbußen möglichst minimiert werden können.
Die politischen Maßnahmen zur Bewältigung der Pandemie sowie die Reaktionen der Privatwirtschaft haben zu einem deutlichen Nachfragerückgang bei Strom und Gas geführt. Bei Strom, so berichtet der BDEW, war bspw. in der Woche vor Ostern (nur Werktage) ein Rückgang von 14 Prozent gegenüber dem gleichen Zeitraum im Vorjahr zu verzeichnen.
Aufgrund der derzeit gedrosselten Energienachfrage, der drohenden Rezession sowie einer zu erwartenden Häufung von Zahlungsausfällen bis hin zu Insolvenzen könnten viele Energieversorger zumindest kurzfristig in eine finanzielle Schieflage geraten. Daher ist es gerade jetzt auch wichtig, kohärente Strategien für den Umgang mit Zahlungsausfällen sowie für die Kundenkommunikation, -akquisition und -bindung zu entwickeln.
Vertrieb und Kundenbetreuung: Dranbleiben und Chancen identifizieren
Insbesondere Energieversorger mit einem hohen Anteil an Gewerbekunden müssen also jetzt den Dialog mit ihren Kunden suchen und beim Forderungsmanagement den richtigen Mittelweg zwischen Kulanz und dem Schutz der eigenen Unternehmensinteressen finden. Wer einem zahlungsunfähigen oder -willigen Kunden nicht genügend entgegenkommt, verliert diesen am Ende der Vertragslaufzeit ziemlich sicher an die Konkurrenz.
Für manchen Versorger mag die Krise den Anstoß geben, sich vertrieblich neu aufzustellen. Wenn das Kundencenter geschlossen ist und Haustürvertrieb nur eingeschränkt praktikabel ist, richtet sich der Fokus stärker auf Online-Kanäle. Eine Möglichkeit ist hier die Nutzung von Vergleichsportalen, sei es über Werbeanzeigen oder eine gezielte Preisstrategie. Genauso stehen aber auch andere Online-Kanäle bzw. -instrumente, wie die sozialen Medien, Google Ads und Suchmaschinenoptimierung zur Verfügung, mit denen man potenzielle Kunden auf die eigene Webseite und zum Tarifabschluss bringen kann. Auch im Direktvertrieb tut sich einiges im Hinblick auf Digitalisierung der Beratung und des Vertragsabschlusses, so dass der Kanal nicht komplett verschlossen ist.
Zugleich ist der Zeitpunkt gut, um auf neue Produkte etwa im Bereich Smart Home/Energy oder Prosuming aufmerksam zu machen. Schließlich verbringen die Menschen aufgrund der eingeschränkten Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung viel Zeit zuhause und sind daher teilweise wohl zugänglicher für neue energienahe Produkte und Services.
Marketing und Kommunikation
Es spricht prinzipiell nichts dagegen, die Corona-Krise als Aufhänger für gezielte Werbebotschaften zu nehmen, solange die Regeln des guten Geschmacks nicht über Bord geworfen werden. Im Gegenteil: Aktionen und Kampagnen, die die aktuelle Situation widerspiegeln, können Handlungsfähigkeit demonstrieren und positive und/oder humorvolle Botschaften transportieren, was letztlich auf das Markenimage einzahlt. Bei den Kampagnen kann bspw. den Versorger als verlässlichen Daseinsvorsorger (auch in Krisenzeiten) in den Mittelpunkt stellen, mit dem sich die viele Zeit in den eigenen vier Wänden komfortabel verbringen lässt.
Welche Kanäle man dabei nutzen möchte, ist eine Frage des Budgets und der jeweiligen Zielgruppe. Neben den genannten Online-Kanälen kommen hier auch Postwurfsendungen, Plakate, Radio oder Fernsehen in Betracht.
Daseinsvorsorge 2.0: Unterstützungsangebote, Sponsoring & Co.
Eine große Anzahl von Versorgern hat proaktiv Möglichkeiten gesucht und gefunden, um die allgemeine Bevölkerung, Gewerbetreibende oder medizinisches Personal in der Krise zu unterstützen. Mit solchen Demonstrationen von Solidarität gehen die Unternehmen über die gewohnte Rolle des Daseinsvorsorgers hinaus und übernehmen gesellschaftliche Verantwortung. Dass sie sich gleichzeitig und auch über die Krise hinaus positiv auf das Markenimage auswirken dürften, ist ein gern gesehener Nebeneffekt.
Interessant ist außerdem, dass einige der Unterstützungsangebote auch Potenzial für eine langfristige Nutzung haben könnten, wie etwa die Nachbarschaftshilfe-Plattformen. Die Versorger können sich mit solchen und ähnlichen Angeboten stärker als Ansprechpartner für Lösungen abseits der Energielieferung positionieren und etwa Drittunternehmen wie lokalen Startups und Kleingewerbetreibenden eine Plattform anbieten.
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