Empfehlungen auf Basis von Kundenbewertungen lassen Treffsicherheit vermissen
Kundenbewertungen im Internet haben sich in den letzten Jahren zu einem wichtigen Instrument zur Beurteilung von Angeboten wie Hotels, Restaurants, Produkten, Geschäften oder auch Energieversorgern entwickelt. Bei Facebook und Google kann man zudem jedes Unternehmen bewerten und neben einer pauschalen Beurteilung, z.B. mithilfe der Vergabe von Sternen, auch seine Meinung äußern.
Was auf den ersten Blick wie ein Segen klingt, ist mittlerweile in vielen Fällen zum Fluch geworden. Anstatt wie früher Produkte nach Beratung durch einen Verkäufer einfach zu kaufen oder die Reise beim Reisebüro zu buchen, wollen wir uns heute selbst ein Urteil bilden und tauchen dafür tief in die Bewertungsseiten ein. Die Nutzer vergleichen stunden- oder sogar tagelang die unterschiedlichen Angebote, vergleichen sogar die Bewertungen unterschiedlicher Vergleichsseiten und haben am Ende das Problem, dass sie sich unsicher fühlen, was die Entscheidung erschwert.
Diesem Entscheidungsdilemma wollen die Anbieter zwar mit der Aggregation der Daten bis zur Ebene einer Weiterempfehlungsquote begegnen, es reizt aber am Ende doch herauszufinden, was die drei unzufriedenen Kunden über das Restaurant oder den Service im Hotel gesagt haben.
Am Ende ist es dabei aber gar nicht entscheidend, ob ein Hotel eine Weiterempfehlungsquote von 95% oder nur 87% aufweist. Wichtig wäre es hingegen, die Bewertungen interpretieren zu können. War der Gast mit den Preisen im Restaurant unzufrieden, weil er es nicht gewohnt ist, 20 Euro für ein Hauptgericht auszugeben oder war die Qualität für den Preis nicht ausreichend? Beurteilen viele Gäste ein günstiges Hotel als perfekt, weil es wirklich perfekt ist oder der Hotelgast bisher nur in Jugendherbergen übernachtet hat?
Letztlich muss also entweder doch jeder versuchen, die Bewertungen in Relation zu Fotos, der Anbieterbeschreibung und vielleicht weiteren Indikatoren zu setzen oder man begibt sich in die Gefahr, aufgrund der gelesenen Bewertungen selbst enttäuscht zu werden, was dann unter Umständen wieder eine negative Bewertung für den Anbieter zur Folge hat.
Ein Ausweg wäre natürlich, wenn die Kunden, die ihre Bewertungen abgeben, mehr Angaben zu sich selbst machen würden. Neben Fragen wie Alter und Geschlecht, könnten Aspekte wie das Einkommen, Hobbies, Vorlieben usw. die Ergebnisse deutlich verbessern. Vermutlich wird das aber heute niemand so direkt wollen, zumindest nicht, wenn er aktiv danach gefragt wird. Langfristig ist aber davon auszugehen, dass Google & Co. solche Daten über uns ohnehin besitzen und auf dieser Basis maßgeschneiderte Angebote mit Zufriedenheitsgarantie machen können.
Bis es allerdings soweit ist, müssen Wege gefunden werden, die Kunden bei ihren Entscheidungen zu unterstützen, ohne die Transparenz aus den Augen zu verlieren. Wer anstatt von 100 verschiedenen Angeboten nur drei „passende“ angezeigt bekommt, wird sich fragen, ob nicht der Anbieter selbst am meisten davon hat, genau diese drei Unternehmen aufzulisten. Wer das Ergebnis nicht gleich angezeigt bekommt, sondern vorher lange konfigurieren muss, wird ebenfalls leicht die Lust verlieren und anderswo zugreifen. Wer die Ergebnisse eines Vergleichs erst nach Registrierung und dann per E-Mail erhält, wird sich auch eher nach einem Anbieter umschauen, der den Vergleich unkompliziert und ohne Preisgabe persönlicher Daten ermöglicht.
Der langsame Fortschritt auf diesem Gebiet zeigt, dass es für die Unternehmen schwierig ist, tatsächlich ein individualisiertes Angebot zu erstellen. Auswege sind Special-Interest-Portale, die sich direkt an bestimmte Zielgruppen richten und dieser Community passende Angebote machen. Trotzdem gilt es natürlich, mehr Kundendaten zu generieren, die Präferenzen der Nutzer zu erkennen und sich dabei als vertrauenswürdiger Partner zu präsentieren, dessen Empfehlung zumindest mit großer Wahrscheinlichkeit ein Volltreffer aus Sicht des Kunden ist.
Dies kann die Bindung des Kunden an das Portal steigern und dazu beitragen, dass die Plattform zum Garant für die Qualität des Angebots wird.
Wem es gelingt, sich so zu positionieren, dem gehört die Zukunft.